Die Herrschaft Heidenreichstein

Viele meiner Vorfahren waren Untertanen der Herrschaft Heidenreichstein im nördlichen Waldviertel in Niederösterreich. Grund genug, um euch dieses Gebiet näher vorzustellen!

Georg Mätthaus Vischer Topographia archiducatus Austriae Inferioris modernae 1672, Wien 1672

Georg Mätthaus Vischer Topographia archiducatus Austriae Inferioris modernae, Wien 1672

Allgemeines zu Grundherrschaften

Vorweg aber eine kurze Erklärung, was unter einer Grundherrschaft zu verstehen ist: Grundherrschaften waren ein Grundbaustein der Wirtschaft und der Gesellschaft in Österreich. Durch die Grundherrschaft wurden bestimmte Rechte und gegenüber den Einwohnern mit dem Besitz an Grund und Boden verbunden. Diese Rechte umfassten auch die Gerichts- und Verwaltungshoheit, das Recht auf Robot (eine Arbeitsleistung der Einwohner zu bestimmten Terminen) und das Recht auf Besteuerung. Als Gegenleistung war der Grundherr für den Schutz seiner Untertanen verantwortlich. Der Erwerb von Grundherrschaften war dem Adel und bestimmten geistlichen Institutionen vorbehalten.
Mit kaiserlichem Patent von 7. September 1848 wurden die Grundherrschaften im Kaisertum Österreich abgeschafft. Die Verwaltungshoheit und Gerichtsbarkeit ging auf Behörden über. [1]

Geschichte der Herrschaft Heidenreichstein

In Heidenreichstein steht die größte Wasserburg Österreichs, deren erste Teile vermutlich um 1180 vom ersten Burggrafen Heidenreich erbaut wurde. Im 13. Jahrhundert wird der Markt Heidenreichstein erstmals urkundlich erwähnt. Heidenreichstein war seit dem Spätmittelalter ein wichtiger Handelsplatz. Im 17. Jahrhundert gewann die Textilindustrie an Bedeutung und im 19. Jahrhundert waren Webereien im Herrschaftsgebiet weit verbreitet. [2] Auch die Glaserzeugung spielte eine wichtige Rolle in der Geschichte der Herrschaft, da die waldreiche Gegend die Entstehung von Glashütten begünstigte, so zum Beispiel in Aalfang und Nagelberg.

Heidenreichstein litt sowohl unter dem Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert als auch den Franzosenkriegen im 19.Jahrhundert, als die Gegend durch die Franzosen besetzt war. [3]

Orte:

Die Herrschaft Heidenreichstein umfasste folgende Orte:
Heidenreichstein, Altmanns, Thaures, Reichenbach, Roitrechts, Willings, Kleinradischen, Ebersweis, Dietweis, Motten, Pfaffenschlag, Artolz, Arnolz Steinbach, Rohrbach, Brandt (Brand), Finsternau, Aalfang (Eilfang), Nagelberg, Reinberg, Pfaffenschlag, Eisenreichs, die Waldhütten Schwarzenberg, Kiensaß, Wiesmaden, Steinbach sowie Zuggers, Schwarzbach, Grundschachen und Rottenschachen, die im heutigen Tschechien liegen.

Das Alltagsleben 1840

Wie es sich in den 1840ern in der Herrschaft Heidenreichstein so lebte, beschreibt Freiherr von Schweickhardt in seiner Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Enns [4]:

Die Herrschaft Heidenreichstein umfasste damals: „1320 Häuser, 2195 Familien, 4787 Manns-, 5104 Weibspersonen und 1336 Schulkinder, 147 Pferde, 1706 Ochsen, 1802 Kühe, 903 Schafe, 84 Ziegen und 1415 Schweine“.

„Gebaut werden Korn, Hafer, etwas Gerste und Sommerweizen, Erdäpfel aber in Menge, weil dieses Knollengewächs die vorzüglichste Nahrung des größeren Theils der Armen ist, (…) Flachs jedoch bei fast allen Gemeinden. Bei dem geringen hier bestehenden Bodenerträgniße und dem rauheren Klima ist es daher kein Wunder, wenn die Erzeugnisse alle aufgezehrt werden und kein Überfluß verbleibt. Die Einwohner würden daher schwer ihre Abgaben leisten können, fänden sie nicht an der Weberei eine Erwerbsquelle, welche dem Fehlenden nachhilft. Fast Alles ist hier Weber, den ganzen Tag hindurch klappern die Webstühle. (…) Die Viehzucht wird bloß zum eigenen Gebrauche betrieben. (…) Der Nutzen, den sie abwirft ist unbedeutend, weil Futtermangel hier herrscht und nichts Gutes gezogen wird.“

„Die ärmere Klasse der hierortigen Unterthanen beschäftigt sich mit Holzfällen für die auf den Herrschaften bestehenden Glasfabriken, dann mit Erzeugung der Hecheln für den Flachs.“

Webstuhl 1830 Wikimedia

Webstuhl, 1830 von Johann Schieß (1799-1844), Quelle: Wikimedia

Unterlagen und weitere Informationen

Wenn ihr auch Vorfahren in diesem Herrschaftsgebiet habt, ist das quasi ein „Glücksfall“, denn eine Vielzahl an Unterlagen zur Herrschaft Heidenreichstein ist online kostenlos einsehbar und zwar sowohl bei Familysearch als auch beim Niederösterreichischen Landesarchiv:

  • Familysearch: Sammlung „Österreich, Herrschaftsakten, 1537-1920“, (Pfad im Menü: Niederösterreich/Litschau/Herrschaft Heidenreichstein und Weissenbach)
    hier der direkte link
  • NÖ Landesarchiv: (Pfad im Menü: Gerichtsarchive, Bezirksgerichte/Grundherrschaftliche Provenienz/Litschau/Heidenreichstein und Weissenbach, Herrschaft)
; hier der link

(Heidenreichstein erhielt im Jahr 1850 ein Bezirksgericht, das jedoch im Jahr 1868 nach Litschau verlegt wurde. Unterlagen zur Herrschaft Heidenreichstein sind daher beim Bezirksgericht Litschau zu finden.)

Die online gestellten Bücher umfassen Folgendes:
– Grundbücher 1715 – 1885
– Gewährbücher 1786 – 1851
– Heiratsprotokolle und -rapulare 1747 – 1851
– Inventurrapulare und -protokolle 1758 – 1843
– Kaufprotokolle und -rapulare 1654 – 1838
– Satzprotokolle 1775 – 1851

(Welche Informationen sich in welcher Art von Büchern befinden, werde ich übrigens bald in einem separaten Post behandeln.)

Quellen

[1] Wien Wiki Geschichte, Eintrag zu Grundherrschaften
[2] Dehio Niederösterreich Nördlich der Donau, Verlag Anton Schroll & Co, Wien 1990,
Eintrag Heidenreichstein, Seite 412ff
[3] Wikipedia Eintrag Heidenreichstein
[4] Friedrich Schweickhardt (Freiherr von.): Darstellung des Erzherzogthums
Oesterreich unter der Ens, durch umfassende Beschreibung aller Burgen, Schlösser,
Herrschaften, Städte, Märkte, Dörfer, Rotten,C., C., topographisch-statistisch-
genealogisch-historisch bearb., und nach den bestehenden vier Kreisvierteln gereihet,
Sechster Band, Viertel Ober-Manhartsberg; Wien, gedruckt bei Anton Benko, 1840,
Seiten 37ff

Online Indexieren bei Familysearch

Gestern habe ich beim Stöbern auf Familysearch eine neue Funktionalität entdeckt: Die „Indexierung im Internet“. Man kann sich ganz leicht dafür anmelden, es gibt ausführliche Erklärungen und Hilfsfunktionen.

Nach einem Probedurchlauf bekommt man eine kurze Auswahl an möglichen Indexierungsprojekten, die alle in etwa 30 Minuten Zeit kosten. Es sind verschiedene Schwierigkeitsgrade auswählbar.

Zum Einstieg habe ich mir diese Sammlung ausgesucht: „US, Pennsylvania—World War II Draft Registrations, 1940–1945“. Der Satz hat 10 maschinengeschriebene Karten enthalten, die man in Bildern sieht und beliebig vergrößern kann. Es war anfangs in einer Projektanleitung klar erklärt, was und wie indexiert werden soll und es sind viele Hilfefelder verfügbar, wenn man nicht genau weiß, was man tun soll. Nach 20 Minuten war ich fertig – ein gutes Gefühl!

Anschließend war die Auswahl an Projekten schon viel größer und auch ein österreichisches ist dabei: Die Matriken der Diözese Gurk. Da konnte ich natürlich nicht widerstehen, auch wenn die „fortgeschrittene“ Kenntnisse gefragt waren. Dieser Satz war schon nicht mehr so leicht lesbar aufgrund der Handschrift, aber es geht natürlich auch das.

Ich finde die webbasierte Indexierung von Familysearch wirklich gut gemacht und einfach.

Aber ich ziehe auch meinen Hut vor allen, die so fleißig Matriken und andere Dokumente indexieren und indexiert haben. Das ist eine mühsame Kleinarbeit – wie mühsam weiß man erst, wenn man es selber probiert und rätselt, welcher Name da stehen könnte… DANKE! Denn ohne die fleißigen Indexier wäre meine Forschung sicher nicht so umfangreich, wie sie es heute ist.