Ahnenforschung im Pilsener Kreis, Böhmen am Beispiel der Familie Skalicky

Das Forschen im ehemaligen Böhmen ist wohl Teil der Ahnenforschung vieler Österreicher. Dabei kann sich die Forschung leicht gestalten, wenn die Matriken der betreffenden böhmischen Region auf Deutsch geführt wurden. Schwieriger wird es bei Lateinisch, aber für mich die größere Herausforderung sind tschechische Unterlagen. Diese habe ich in meiner Forschung in der Region Pilsen, im Ort Kozlan/Kozlany vorgefunden. Tatsache ist jedoch, dass auch diese Matriken dem „altbekannten Muster“ folgen und daher durchaus auch entzifferbar sind, wenn man sich etwas damit beschäftigt. Dazu gebe ich im Folgenden einige Beispiele anhand der Familie Skalicky.

Famile Skalicky aus Kozlan

Meine Ur-ur-ur-Urgroßeltern, Karl Skalicky und Katharina Ludmilla (geborene Brunner) lebten in Kozlan, Haus Nummer 113. Kozlan liegt in der Region Pilsen (Plzeňský kraj) im Südwesten des damaligen Böhmens und heutigen Tschechiens.Bildschirmfoto 2020 12 27 um 13 01 53

Bild: Wappen und Lage von Kozlan, Quelle Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Kožlany

Im Buch „Rakonitzer Kreis“ (1) aus dem Jahr 1845 wird berichtet, dass es im Ort 241 Häuser und 1595 Einwohner gab. Neben der Pfarrkirche (St. Laurenz), der Pfarrei und der Schule gab es auch ein Brauhaus, ein Branntweinhaus und 2 Wirtshäuser. Das „Städtchen“ hatte einen Stadtrichter und einen geprüften Grundbuchführer. Die Einwohner lebten von Landbau und Gewerben (12 Töpfer und 27 Weber).

Karl und Katharina Ludmilla Skalicky heirateten am 19.1.1830. Bei Porta fontium ist ihr Trauungseintrag online abrufbar (Ich erkläre am Ende dieses Artikels das Suchen dort etwas detaillierter für interessierte Leser). Die Einträge in den Matriken aus Kozlan sind – wie gesagt – großteils auf tschechisch verfasst. Überraschenderweise ist dieser Trauungseintrag jedoch – inmitten anderer tschechischer – auf Deutsch verfasst. Da es in diesem Trauungsbuch keinen Index gab, habe ich nach der mir (aus Kindertaufen) bekannten Hausnummer gesucht und bin so schnell fündig geworden ohne mich lange mit der Handschrift auseinandersetzen zu müssen.)

1830 Skalicky Brunner Hochzeit

Quelle: Porta Fontium, Matrikenbuch Kozlany 06 (1801-1840 *, oo, +), fol 215 , Aufnahme 110, https://www.portafontium.eu/iipimage/30064194/kozlany-06_1100-o?x=512&y=508&w=332&h=164

Der Eintrag schaut auf den ersten Blick „fürchterlich“ aus, wenn man es aber in kleine Teilstücke zerlegt, ist er sehr informativ:

  • In der linken Spalte steht neben dem Datum der Hochzeit 19.1.1830: nicht in Kozlaner Pfarrkirche, verkündigt in der Regimentskapelle am 1., 3. und 6. Jänner 1830.
    hat getraut Johann Hlawera (?) Kaplan in Kozlan auf die 2. Art
  • Bräutigam: Karl Skalicky, Schumachermeister aus Kozlan Rakonitzer Kreis in Böhmen und Grenadier des 2. Herrn Hauptmanns Teitz Compagnie Baron Kutsera (Kutschera) Infanterie Regiments  No. 28, ehelicher Sohn des noch lebenden Jakob Skalicky, Schuhmachermeisters aus Kozlan 113 und der Mutter Juliana, geborene Kocka aus Cistar No. 67, „selbe ist bereits todt“
  • Nächste Spalte Alter: 28, ledig, danach Hinweis: mit Heiratsbewilligung des Baron Kutsera  Regiments No. 28 Stabsquartier in Prag vom 30. Dezember 1829
  • Braut: Katharina Ludmilla Prunner, „Kirschnerstocher“ (Kürschnerstochter), eheliche Tochter des Joseph Prunner, Kirschnermeisters in Kozlan No. 125., selber ist am Leben in Kozlan, Rakonitzer Kreis in Böhmen und der verstorbenen Mutter Maria geborene Stanislaw Schneiderstochter aus Cestar (Cistar?), Rakonitzer Kreis in Böhmen
  • Nächste Spalte: Alter 26, ledig, verkündigt hier sichtlich der Braut in der Kozlaner Pfarrkirche dem 3., 6. und 10. Jänner 1830

Der Eintrag bietet somit enorm gute Anhaltspunkte für die weitere Forschung. Ich will nicht abschweifen, aber ich konnte zum Beispiel Details zum Regiment in Wikipedia Folgendes herausfinden: Das k.u.k. Infanterieregiment „Viktor Emanuel III. König von Italien“ Nr. 28 war ein 1698 gegründetes Infanterie-Regiment des Kaiserstaates Österreich-Ungarn. Regimentsinhaber von 1815–1832 war Johann Nepomuk von Kutschera. Die Uniform bestand aus dunkelblaue Waffenröcken, grasgrüner Egalisierung.  Details findet man auch in den Gedenkblätter aus der Kriegsgeschichte der K.k. Armee von Graf von Thürheim über Google Books hier.

Magdalena Rott, geborene Skalicky

Ihre Tochter und meine Ur-ur-Urgroßmutter Magdalena Rott (geborene Skalicky) wurde am 21.7.1836  in Kozlan 113 geboren. Dieser Eintrag ist in tschechisch und enthält im Grunde dieselben Informationen über die Eltern wie im Trauungseintrag. Die Überschriften des Geburtsbuches kann man folgendermaßen übersetzen:

Geburtenbuch Überschriften

Mit 22 Jahren, am 3.11.1858 heiratete sie in Koslan den fünf Jahre älteren Franz Friedrich Rott, einen Schneider aus Podersam (Podborany, Ustecky kraj, 35 km von Kozlan entfernt). 

Hier der Hochzeitseintrag – wieder auf tschechisch (Interessanterweise sind in diesem Buch zumindest die Überschriften auf Deutsch):

Trauungsbuch Überschrift
1858 Rott Skalicky Hochzeit 1

Quelle: Porta Fontium, Matrikenbuch Kožlany 17  (1838-1895 *i, oo, ooi), Aufnahme 54 https://www.portafontium.eu/iipimage/30064205/kozlany-17_0540-o?x=109&y=597&w=237&h=118

Hier sind ein paar hilfreiche Vokabeln zum Entziffern des Hochzeitseintrages:

Transkription und Übersetzung: Bräutigam: Franz Rott, Schneider, Sohn des katholischen „manjalu?“ Franz Rott, „musstiana?“  aus Podersam No.89, Mutter Barbara geborene Müller aus Podersam No 89; Braut: Maria Magdalena, Tochter von Karl Skalicky Schuhmachermeister aus Kozlan 183, Mutter Katharina Ludmilla Prunner (Brunner), geboren in Kozlan No 125.

Grundbuch in Tschechien

Eine weitere interessante Forschungsmöglichkeit in Tschechien ergibt sich über das Grundbuch: Über die tschechische Grundbuchabfrage (hier ist das ausführlich erklärt bei Familia Austria) kann man feststellen, wo sich die erwähnten Adressen heute befinden. Da sich in Tschechien die Konskriptionsnummern nicht geändert haben, ist nur die Eingabe des Ortes sowie der Konskriptionsnummer aus dem Matrkiken erforderlich, um auf dem Plan die Lage des Hauses (sowie eine aktuelle Satelitenaufnahme zu finden).

Die beiden oben erwähnten Häuser der Eltern von Magdalena Rott, Kozlan 125 und 183,  lagen in der selben Straße mit der heutigen Adresse Pražská, gar nicht weit entfernt voneinander (in blau umrandet):

Koslan Häuser
Quelle:
Český úřad zeměměřický a katastrální / Tschechisches Geodaten- und Katasteramt , Nahlížení do katastru nemovitostí, http://sgi-nahlizenidokn.cuzk.cz/marushka/default.aspx?themeid=3&&MarQueryId=2EDA9E08&MarQParam0=1627018435&MarQParamCount=1&MarWindowName=Marushka

Volkszählungen

In Portafontium sind auch Volkszählungen abfragbar (Details zur Suche im Kapitel weiter unten). Der frühest- verfügbare Census ist aus dem Jahr 1869. Zu dem Zeitpunkt war die Familie Rott bereits nach Podersam übersiedelt, aber im Haus Nummer 111 finden sich beispielsweise Verwandte. Praktischer Weise sind die Überschriften sowohl in Deutsch als auch in Tschechisch detailliert beschrieben.

Diese Volkszählungsunterlagen können insbesondere wertvoll sein, um einen Überblick über die Familien zum Volkszählungszeitpunkt zu bekommen. So könnten verheiratete Töchter aufgelistet sein, deren neuen Namen man nicht kannte oder Kinder, deren Geburtseinträge man noch nicht gefunden hat. Oder durch das Fehlen von Personen kann man eventuell unbekannte Todeszeitpunkte einschränken.

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So, damit schließe ich die Beispiele zur Forschung in Kozlan. Ich habe während der Recherche für diesen Beitrag viele neue Hinweise bekommen, denen ich nun im Detail nachgehen kann. Abschließend folgen noch – wie versprochen – die allgemeinen Hinweise zur Suche in Porta Fontium.

Wenn ihr weitere Tipps habt, die bei der Suche in der Region Pilsen helfen können, würde ich mich freuen, wenn ihr einen Kommentar dazu schreibt. 

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Allgemeines zur Suche in Porta fontium https://www.portafontium.eu

Porta fontium ist eine Web-Plattform, die es ermöglicht, kostenlos die Archivalien, die in den staatlichen Archiven der Tschechischen Republik und den staatlichen bayerischen Archiven aufbewahrt werden, zu suchen. Der Betreiber der Webplattform Porta fontium (nachfolgend nur „Porta fontium“) ist das Staatliche Gebietsarchiv in Pilsen, es sind aber auch Bayerische Dokumente einsehbar. Neben Matriken sind auch andere Unterlagen wie Volkszählungen, Grundbücher oder Urkunden abrufbar.

Auf der Startseite kann im rechten oberen Eck die Sprache auf Deutsch gestellt werden.

Portafontium Einstieg

Wenn man nun Recherche auswählt, kann man unter „misto“ den gesuchten Ort eingeben und erhält eine Trefferliste mit verfügbaren Unterlagen.

Portafontium Suche

Man kann sowohl nach der deutschen als auch nach der tschechischen Variante des Ortsnamens suchen. Ich empfehle, beides zu probieren, da die Trefferliste unterschiedlich sein kann. (Im Fall von Kozlan/Kozlany kommen deutlich mehr Treffer beim tschechischen Ortsnamen.) Über die Tab-Leiste kann nach Art der gesuchten Unterlagne (Matriken, Chroniken, etc.) gefiltert werden (eventuell muss hier der Ort nochmals eingegeben werden).

Alternativ kann man auch direkt in bestimmten Sammlungen suchen, zum Beispiel:

Matriken

In der Trefferliste der Matriken ist der Inhalt des Buches leicht zu erkennen:

Porta Fontium Suchergebnis

In der Ergebnistabelle in der Spalte „Datace“ finden sich Anfangs- und Endjahr des Buches, sowie die Kennzeichnung, welche Einträge enthalten sind: * für Geburten, *i für den Index der Geburten, ∞ für Trauungen, ∞i für den Trauungsindex und + für Sterbeeinträge sowi +i für den Sterbeindex. Über die Lupe gelangt man schließlich zum Buch, wo man die einzelnen Seiten aufrufen kann und nochmals allgemeine Hinweise erhält. (Zu diesen Hinweisen kommt man ebenfalls, wennman auf die Buchnummer zB Kozlany 05 klickt.

Am Beispiel des Buches Kožlany 17 sieht man – wenn man seitlich der Digitalisate / Thumbnails auf der Seite nach unten scrollt zum Beispiel: 

Es lohnt sich diese Hinweise zu übersetzen (zb über Google translate), da sie wertvolle Tipps enthalten können und dadurch die Suche erleichtern. Es gibt ein „Inhaltsverzeichnis“, welches zeigt, dass auf den Folien 1-235 die Geburtseinträge enthalten sind und darauf die Indices folgen.

Außerdem ist hier zum Beispiel ersichtlich, dass der Trauungsindex auch für das Buch 10 gilt. Außerdem sind Fehler in der Digitalisierung aufgelistet:

  •  „Při číslování matriky došlo k chybám“ = Bei der Nummerierung der Registrierung sind Fehler aufgetreten
  •  „fol. 21 se objevuje dvakrát, fol. 132 třikrát a fol. 166 dvakrát.“ = fol. 21 erscheint zweimal, fol. 132 dreimal und fol. 166 zweimal.

Volkszählungen

Die Volkszählungen sind in der Übersicht nach Landkreisen und Jahren auswählbar. Alternativ kann man auch hier den gesuchten Ort eingeben und erhält die relevanten Census-Unterlagen. Steigt man in die Digitalisate ein, erhält man das erste Unterlagenbündel, meist Haus Nummer 1. Es besteht aus einer Übersichtsseite, einer Seite zum Viehstand sowie der Seite mit den Details der Hausbewohner:

Um auf die anderen Hausnummern zugreifen zu können muss man nur nach unten scrollen und kann dann aus der langen Liste die gesuchte Hausnummer auswählen.

Bücherquelle:

1.) Buch „Das Königreich Böhmen – statistisch-topographisch dargestellt, Band 13  Rakonitzer Kreis“ von Johann Gottfried Sommer, 1845 Seite 23f, Eintrag zu Kozlan; über Google Books – link
https://books.google.at/books?id=T7Nz1CbrpmYC&pg=PA25&lpg=PA25&dq=kozlan+pilsen&source=bl&ots=LtvVhP82zd&sig=ACfU3U1dK7fgwJh38hUZUsHmYIBF1MYb3A&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiLkY2Ts_DtAhWR3OAKHUFrAfUQ6AEwEnoECAgQAg#v=onepage&q=kozlan&f=false

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