Anton Patzelt – Tragischer Tod im Teplitzer Bad in 1773

Mein 6-facher Urgroßvater Anton Patzelt wurde im Jahr 1716 als neuntes von elf Kindern von Christoph und Elisabeth Patzelt in Wetzwalde Wetzwalde/Vaclavice im Bunzlauer Kreis (Boleslavský kraj) geboren.

1716 Patzelt Anton Taufe klein

Bild: Pfarre Kratzau, Tauf-, Trauungs und Sterbebuch über Wetzwalde/Vaclavice, Pfarre Kratzau, 1696-1733, Signatur 48/43, Aufnahme 322 (fol. nicht angegeben), Archiv Leitmeritz/Litomerice

Transkription: Am 11ten November wurde getauft von dem Ehrwürdigen Herren pater Capteano Elias Johane Jacobo Haßlern das Kind Antoni von Vater Christoph Patzeld die Mutter Elisabeth (…)

Wetzwalde – Allgemeines und Geschichte

Wetzwalde ist seit 1980 ein Ortsteil von Grottau (Hrádek nad Nisou) im Okres Liberec/Reichenberg und liegt im Dreiländereck Polen-Deutschland-Tschechien. Im Jahr 1716 gehörte Wetzwalde zur Pfarre Kratzau und war zur Burg Grafenstein untertänig. (1)

Wetzwalde Kopie

Bild: Alte Ansichtskarte von Wetzwalde, © Roman Sedlácek in www.saechsiche.de

Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde der Ort verwüstet und die Kirche zerstört.

Zwischen 1651 und 1696 flücheten ungefähr 100 protestantische Einwohner aufgrund der Rekatholisierung  aus Wetzwalde und gingen ins Exil in die oberlausitzer Nachbarorte Reichenau und Lichtenberg. Die große Glocke der zerstörten Kirche holten die Flüchtlinge über die Grenze nach Reichenau und brachten sie in die dortige Kirche.

Der Ort erholte sich danach nur langsam. 1787 wurde die Kirche rekonstruiert und im Jahr darauf zur Lokalie erhoben, zu der auch der Nachbar- und Grenzort Kohlige gehörte.

Im Jahr 1834 zählte der Ort 208 Häuser mit 1285 Einwohnern. (2) Nach der Aufhebung der Patrimonialherrschaften bildete Wetzwalde mit dem Ortsteil Kohlige ab 1850 eine politische Gemeinde im Gerichtsbezirk Kratzau bzw. Bezirk Reichenberg.

Familie Patzelt

Am 25.11. 1745 heiratete Anton Patzelt im Alter von 28 Jahren Anna Maria Hanisch im nahegelegenen Machendorf (heute Machnin, Pfarre Kratzau/Chrastava, in Leitmeritz/Litomerice) in Nordböhmen. Als Beruf wird an mehreren Stellen Bauer (colonus oder rusticus) angeführt.

Das Paar bekam in den Jahren 1747 bis 1765 13 Kinder von denen sechs im Kindesalter verstarben.

Tod von Anton Patzelt in Teplitz

Am 30.09.11773 verstarb Anton Patzelt im Alter von 56 Jahren. Da er nicht in Wetzwald starb, war es nicht unbedingt üblich, dass im Sterbebuch ein Eintrag gemacht wurde. Hier war dies zum Glück der Fall, sonst wäre die Suche nach dem Todeseintrag deutlich schwieriger geworden.

1773 Patzelt Anton tod K

Bild: Tauf-, Trauungs und Sterbebuch über Wetzwalde/Vaclavice, Pfarre Kratzau 1771-1784, Signatur 168/1, Aufnahme 99 (fol. nicht angegeben), Archiv Leitmeritz

Es wird festgehalten, dass Anton Patzelt vom verehrten Herrn (Dominus =D.) Godfridus Ettrich, Decan in Teplitz bestattet wurde. Als Todesort ist Teplitz angegeben mit dem Zusatz „in balneo submersus est“ – „ist im Bade ertrunken“. Begraben wurde Anton Patzelt  „ad sanctam crucem“, also „Zum Heiligen Kreuz“ in Teplitz. Am Ende des Eintrages ist noch die Adresse des Verstorbenen – Wetzwald 52 –  sowie das Alter beim Tod – 56 Jahre und 6 Monate – vermerkt.

Auch im Teplitzer Kirchenbuch ist der Tod meines sechsfachen Urgroßvaters vermerkt:

1773 Patzelt Anton tod 2 K

Bild: Pfarre Teplitz, Sterbebuch 1763-1816, Signatur 162/18, fol 74, Aufnahme 40, Archiv Leitmeritz

Dieser Eintrag gibt etwas mehr Details preis: So war zum Beispiel der Todestag der 30.9. und nicht der 1.10. wie im Kirchenbuch von Wetzwalde angeführt. Als Todesursache ist hier „mortuus inventus in balneo“, also „tot im Bad aufgefunden“ angegeben und der Ort der Bestattung ist mit „ad Capellam“ – „bei der Kapelle“ angegeben.

Durch diesen Zusatz wird der Ort der Bestattung plausibler. Denn nach dem Eintrag in Wetzwalde hätte man vermuten können, dass Anton Patzelt in der Schlosskirche Zum Heiligen Kreuz beeridgt wurde. Mit dem Hinweis auf die Kapelle habe ich weitergeforscht und festgestellt, dass die heutige Seume Kapelle (bennannt nach dem Schriftsteller und Dichter Johann Gottfried Seume) früher die Kapelle zum Heiligen Kreuz (manchmal auch Kreuzauffindungskapelle) geheißen hatte und im (mittlerweile zu einem Park umgewandelten) Friedhof gestanden hatte. Das halte ich für den wesentlich plausibleren Ort eines Grabes.

Adresse des Todes ist hier Teplitz 200 und das Alter wurde mit 52 Jahren angegeben. (Da dies der Hausnummer entspricht, an der Anton Patzelt in Wetzwald wohnte, könnte hier das Alter mit der Adresse verwechselt worden sein.)

Aber warum kommt ein Bauer aus Wetzwald nach Teplitz „zum Bade“?

Quellen in Teplitz/Teplice

Der Grund dafür liegt in den Thermalquellen von Teplitz, die auch namensgebend für die Stadt gewesen sein dürften (warm = teplý).

Teplitz AKON

Bild: Ansichtskarte Teplitz-Schönau, Steinbad 1927 über AKON der Österreichischen Nationalbibliothek

In einem Buch aus dem Jahr 1881  wird geschildert:(4)

„Es sind die elf heißen (25-49 Grad Celsius) alkalisch-salinischen Quellen, welche durch ihr Natroncarbonat und andere Bestandteile bei Gicht, Lähmnungen und Nervenkrankheiten geradezu erstaunliche Wirkung üben und hierher aus ganz Europa Kranke ziehen, die Heilung suchen. 10.000 Gäste besuchen jährlich das in seinen äußeren höchst elegant ausgestattete, jeglichen Comfort des Lebens bietende, allerdings infolgedessen aber auch nicht gerade billige Bad.“

Die Quellen von Teplitz wurden aber schon viel früher entdeckt. Die Sage erzählt, dass im Jahr 762 Hirten eines ihrer im Boden wühlenden Schweine verbrüht auffanden. Im 14. Jahrhundert wurde begonnen, das warme Wasser zu Heilzwecken zu verwenden. (4)

Zu den Gästen von Teplitz zählten viele europäische Herrscher und berühmte Künstler. Im Juli 1812 sollen sich zum Beispiel auch der Dichter Johann Wolfgang von Goethe und der Komponist Ludwig van Beethoven in Teplitz bei der Kur getroffen haben. (3)

Jährliche Messe für den Verstorbenen

Zur Abrundung des Blogartikels noch ein interessantes Detail: Wie aus den Herrschaftsakten von Grafenstein hervorgeht, verkaufte einige Monate nach dem Tod von Anton Patzelt seine Wittwe Anna Maria ihr Haus um 300 Gulden an ihren Schwiegersohn Johann Christoph Weber aus Ruppersdorf im Bezirk Reichenberg. Ein Teil des Kaufpreises sollte in jährlichen Raten gezahlt werden. Und solange diese Raten liefen, verpflichtete sich Johann Christoph Weber alljährlich zu Mariä Heimsuchung am 2. Juli für den verstorbenen Anton Patzelt  „im allhiesigen Gottes Hause ein gesungenes Amt“ (also eine Messe) abhalten zu lassen.

1774 gesungenes Amt

Bild: Herrschaft Grafenstein, Grundbuch 1752-1876, Signatur OS Chrastava 158, fol 182ff, Aufnahme 177, Archiv Leitmeritz

QUELLEN

(1) Wikipedia, Eintrag Václavice (Hrádek nad Nisou) – https://de.wikipedia.org/wiki/Václavice_(Hrádek_nad_Nisou)

(2) Das Königreich Böhmen: Bd. Bunzlaner Kreis. 1834 von Johann Gottfried Sommer, über Google Books, Seite 287 , https://books.google.de/books?id=hYUJAAAAIAAJ&printsec=titlepage#v=onepage&q=wetzwald&f=false

(3) Wikipedia, Eintrag Teplice – https://de.wikipedia.org/wiki/Teplice

(4) Das Königreich Böhmen von Prof. De. Victor Langhans, Wien 1881;  Seite 103

Hinterlasse einen Kommentar